Gesamtbesuchserlebnis in Zeiten der Sanierung
Publikumsstudie für das Badische Staatstheater Karlsruhe zeigt Stärken und Herausforderungen
Im Mai 2024 veröffentlichte das Badische Staatstheater Karlsruhe die aktuelle Publikumsstudie des IKMW, die inzwischen siebte im Rahmen einer im deutschsprachigen Raum einzigartigen Langzeituntersuchung seit 2011. Sie verbindet Ergebnisse aus der repräsentativen Publikumsbefragung mit 3.099 Befragten (1.651 vor Ort und 1.448 online) von Mai bis Juli 2023 mit vertiefenden Erkenntnissen aus Gesprächsrunden mit ausgewählten Zielgruppen, die für die nachhaltige Publikumsentwicklung besonders relevant sind: „inaktive“ Besucher, deren letzte Besuche im Badischen Staatstheater länger als ein Jahr zurücklagen, Menschen mit Migrationshintergrund und Vertreter von Schulen und Kinder- und Jugendzentren.
(Die Studie zum Download finden Sie hier.)
Die Ergebnisse spiegeln deutschlandweite Trends ebenso wider wie spezifische Befunde für das Badische Staatstheater: Der leicht gestiegene Anteil der Jahrgänge über 50 Jahren (72,6 %) zeigt die Herausforderung, jüngere Menschen trotz des erfreulich hohen Anteils an den Erstbesuchen (66,1 % unter 50) dauerhaft zu binden.
Einen Weg zeigt die Konzertsparte auf: Anders als in vielen anderen Häusern gelingt es dem Badischen Staatstheater hier, durch die seit längerem angebotenen Kinder-, Jugend-, Sonder- und Jazz-Konzerte einen ungewöhnlich großen Anteil jüngerer Besucher zu gewinnen (27,2 % zwischen 30 und 50).
Gleichzeitig zahlt sich die besondere Pflege der Abonnements während der Corona-Pandemie aus: Erstaunliche 34,8 % der Befragten geben an, dass der Besuch am Abend der Befragung Teil ihres Abonnements war. Insgesamt nimmt die Häufigkeit von Besuchen pro Befragtem wie im Bundestrend allerdings ab (8,3 % mehr als 12 Besuche in den letzten 12 Monaten).
Die Herausforderung abnehmender Besuchshäufigkeiten wird gerade bei den inaktiven Besuchern und bei Menschen mit Migrationshintergrund durch ein grundsätzlich verändertes Informations- und Entscheidungsverhalten verstärkt: Kultur- und Freizeitaktivitäten werden zunehmend spontan innerhalb von Freundeskreisen und Netzwerken von „Communities“ getroffen. In der Kommunikation dazu, immer häufiger rein über Messenger wie WhatsApp oder Telegram, tauchen ausführlichere Informationen von Anbietern wie dem Badischen Staatstheater kaum noch auf.
Während Kommunikation und Entscheidungen sich immer weiter in semi-private digitale und hybride Räume verlagern, besteht zugleich ein starkes Bedürfnis nach einem rundum erfüllenden Gesamterlebnis beim Besuch einer Institution wie dem Badischen Staatstheater, nach Atmosphäre und Aufenthaltsqualität, nach Räumen für „Geselligkeit“ und Gemeinschaft. So sinkt mit der geringeren Zufriedenheit mit der Atmosphäre im Zuge der Baumaßnahmen im Badischen Staatstheater und Kritikpunkten bezüglich der Gastronomie auch die Zufriedenheit mit dem Haus insgesamt leicht.
Zugleich zeigt die Studie kurz vor dem Beginn der Intendanz von Christian Firmbach auch die solide Verankerung des Hauses bei seinem Publikum: Durch die weitgehend stabile Zufriedenheit mit dem künstlerischen Angebot und verbesserte Werte für einige Service-Bereiche bleibt die Gesamtzufriedenheit trotz der Beeinträchtigungen im Zuge der Sanierung auf einem zufriedenstellenden Niveau (90,0% sind „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“).